Dem Urteil liegt folgender verkürzt wiedergegebener Sachverhalt zugrunde: In einer Mietwohnung war ein Brandschaden entstanden, dessen Ursache in der Beweiserhebung – möglicherweise infolge der zusätzlichen starken Löschwassereinwirkung – nicht aufgeklärt werden konnte. Als rein theoretische Schadensursache verblieben nach dem Sachverständigengutachten:
Zündeln der Kinder der Mieterin, defekte Stereoanlage, Defekt im Sicherungskasten oder in elektrischen Leitungen. Die Klägerin (Brandversicherung der Vermieterin) trug vor, dass angesichts der ungeklärten Brandverursachung die Beklagte (Mieterin) sich hinsichtlich der Verursachung des Brandes entlasten müsse, weil der Brand unzweifelhaft von den von der Mieterin benutzten Räumen ausgegangen sei. Sie selber müsse hingegen rein theoretische Ursachen wie einen Defekt im Sicherungskasten nicht ausräumen. Außerdem unterliege auch der Sicherungskasten dem Mietgebrauch des Mieters, da er sich in dessen Einflussbereich befinde. Die beklagte Mieterin berief sich dem gegenüber darauf, dass die Klägerin den Beweis zu erbringen habe, dass der Schaden auf den Mietgebrauch (ausgehend etwa von einem Defekt der Stereoanlage) zurückzuführen sei.
Das OLG München hat die Klage in zweiter Instanz abgewiesen, weil die Klägerin den ihr obliegenden Beweis dafür, dass der Brand auf den Mietgebrauch zurückzuführen sei, nicht erbracht hat. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei nicht geklärt, ob der Brand auf einem Mietgebrauch der Beklagten oder auf der Beschaffenheit der Mietsache beruhte. Die Brandursache folge nicht schon deshalb aus dem Mietgebrauch, weil feststeht, dass der Brand in einem von der Mieterin gemieteten Raum ausbrach. Zwar liegen die Mieträume in der Obhut und dem Einflussbereich des Mieters, während der Vermieter nur beschränkten Zugang dazu hat. Allein aufgrund der räumlichen Nähe fallen aber nicht alle denkbaren Ursachen dem Mieter zu Last. Der Einwand der Klägerin, der Sicherungskasten sei dem Verantwortungsbereich der Mieterin zuzuordnen, weil er zur standardmäßigen Ausstattung der Wohnung gehöre, gehe daher fehl. Für den ordnungsgemäßen Zustand des Sicherungskastens und der elektrischen Leitungen ist ausschließlich der Vermieter gemäß § 536 BGB verantwortlich, sofern nicht eine andere individualvertragliche Vereinbarung vorliegt. Der Sicherungskasten muss vom Vermieter gewartet werden, um dem Mieter den ungestörten Mitgebrauch an der Wohnung zu gewährleisten.
Davon ausgehende Gefahren fallen daher dem Vermieter zur Last. Solange demnach als mögliche Brandursache auch ein Defekt an den in den Verantwortungsbereich der Vermieter fallenden elektrischen Einrichtungen in Frage komme, müsse die Klägerin diese Gefahrenquelle als Schadensursache ausräumen. Das Gericht führt weiter aus, dass insbesondere bei Brand- und Wasserschäden sowohl Ursachen aus dem Verantwortungsbereich des Vermieters als auch des Mieters in Betracht kommen.
Wäre der Mieter in diesem Falle gezwungen, den Entlastungsbeweis zu erbringen, müsste er sich mit technischen Einrichtun-gen des Hauses befassen, deren Instandhaltung Angelegenheit des Vermieters ist. Die Wartung und Überwachung der elektrischen Einrichtungen eines Hauses liegt in der Regel im alleinigen Risiko- und Verantwortungsbereich des Vermieters.
Anmerkung:
Das Urteil stellt keine neuen Rechtsgrundsätze zur Beweislastverteilung bei Schadensfällen im Mietwohnungsbereich auf, es ist aber in seiner Beurteilung des Verantwortungsbereichs des Vermieters für die technischen Einrichtungen und insbesondere die elektronische Anlage in privat genutzten Wohnungen sehr deutlich. Das Urteil nennt keine Wartungs- oder Prüfintervalle. Entsprechende Regelungen sind DIN VDE 0105 Teil 100 Betrieb von elektrischen Anlagen (Oktober 1997) zu entnehmen. Gegenüber der früheren Norm Betrieb von Starkstromanlagen ist der Anwendungsbereich dieser Norm in keiner Weise eingeschränkt. Sie gilt auch für elektrische Anlagen in Wohnungen.
Die DIN VDE 0105 bestimmt, dass elektrische Anlagen in geeigneten Zeitabständen geprüft werden müssen. Mit der Anmerkung Prüffristen sind z. B. in Gesetzen (Gerätesicherheitsgesetz), Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften der Unfallversicherungsträger, Sicherheitsvorschriften der Schadensversicherer festgelegt, gibt die Norm eine Interpretationshilfe zum Begriff geeignete Zeitabstände. Normativen Maßstab für elektrische Anlagen in Wohnungen bieten die Durchführungsanweisungen zu § 5 der VBG 4 (entspricht heute der DGUV Vorschrift 3) elektrische Anlagen und Betriebsmittel.
Demnach sind ortsfeste elektrische Anlagen zumindest alle 4 Jahre durch eine Elektrofachkraft auf ordnungsgemäßen Zustand zu prüfen. Für Räume und Anlagen besonderer Art (DIN VDE 0100 Gruppe 700) verkürzt sich – für die unter den Geltungsbereich der VBG 4 (entspricht heute der DGUV Vorschrift 3) fallenden Anlagen – die Prüffrist auf ein Jahr. Prüfungen sind darüber hinaus unseres Erachtens dem Vermieter bei Umbau- und Renovierungsarbeiten oder bei einem Mieterwechsel dringend nahe zu legen.
Instandhaltungspflicht des Vermieters
Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 04.06.1993, 4 U 109/92
- 1. Der Vermieter ist im Rahmen der ihn treffenden Instandhaltungspflicht gehalten, die elektrotechnische Anlage des vermieteten Gebäudes nach Maßgabe der anerkannten Regeln der Technik, den VDE-Bestimmungen und den wegen der Prüffristen einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften elektrische Anlagen und Betriebsmittel (VBG 4 – entspricht heute der DGUV Vorschrift 3) regelmäßig zu überprüfen.
- 2. Kommt der Vermieter dieser Prüfpflicht nicht nach und wird der Mieter durch einen in der elektrischen Anlage aufgetretenen Fehler geschädigt (Kabelbrand), so ist der Vermieter dem Mieter für diesen Schaden einstandspflichtig. Dabei spricht eine – widerlegbare – Vermutung dafür, dass das auf dem Fehler der Elektroinstallation beruhenden Schadensereignis bei Beachtung der anerkannten Regeln der Technik (Einhaltung der Überprüffristen) vermieden worden wäre.
- 3. Diese aus § 536 BGB herzuleitenden Überprüfungspflichten treffen private wie gewerbliche Vermieter gleichermaßen.
Das Urteil unterstreicht einerseits die Bedeutung der Betriebsbestimmungen für Starkstromanlagen DIN VDE 0105 Teil 1 und die Prüfpflicht im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift elektrische Anlagen und Betriebsmittel (VBG 4 – entspricht heute der DGUV Vorschrift 3), andererseits auch die Auffassung, dass die Unfallverhütungsvorschrift nicht nur für gewerblich, sondern auch für privat genutzte Räume gilt. Die genannten Prüffristen entsprechen dem anerkannten Stand der Technik. Nur dieser ist für die Beurteilung der Frage maßgebend, innerhalb welcher Zeitabstände wiederkehrende Prüfungen elektrischer Anlagen vorzunehmen sind. Die Prüffristen (zum Beispiel für Fehlerstrom-Schutzschalter) hängen von den Umständen ab. Wem die fristgerechten Prüfungen obliegen, hängt von den Vorschriften des Mietrechts ab. Aufbauend auf diesem Urteil wurde die E-CHECK-Kampagne von Baden-Württemberg aus sukzessive entwickelt.